Nach Gauting und Herrsching kann sich im Fünfseenland auch Seeshaupt als Fairtrade-Gemeinde bezeichnen. Es ist die erste Gemeinde am Starnberger See, die sich erklärtermaßen an die Vorgaben hält, die 101. in Bayern und die 439. in Deutschland.
In die Wege geleitet hat das eine Arbeitsgruppe der Initiative Dorfentwicklung, die sich bei der ersten Bürgerwerkstatt im April vergangenen Jahres unter der Überschrift „Kultur und Brauchtum“ zusammengefunden hatte. Mit Sonja Seyfried als Sprecherin wurden die Hürden, die der Verein Transfair in Köln für die Vergabe des Titels aufgestellt hat, rasch genommen. Der Gemeinderat fasste einen Beschluss, der Antrag wurde gestellt, im Rathaus wird seither fair gehandelter Kaffee und Orangensaft getrunken, und die Mindestanforderung von zwei Geschäften und einem gastronomischen Betrieb mit entsprechendem Angebot übertrifft Seeshaupt locker.
Vor vollem Haus im Gemeindesaal überreichte die Abgesandte des Vereins Transfair, Hannah Rüther, Bürgermeister Michael Bernwieser, die Ernennungsurkunde. In seinem Grußwort erinnerte Bernwieser daran, dass es beim fairen Handel nicht nur um Produkte wie Kakao oder Kaffee aus fernen Ländern, sondern auch um die Sicherung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft vor der Haustür gehe.
Das thematisierten die Grundschüler in einem kleinen Theaterstück: Der Einkauf mit dem Korb statt mit der Plastiktüte, die Kartoffeln nicht aus Ägypten, sondern vom Bauern nebenan, und die Milch nicht aus der Großmolkerei sondern von der Erzeugergemeinschaft „Unser Land“. Mehr als eine Stunde hatten die Kinder auf der Bühne ausgeharrt, während die Offiziellen redeten, dann endlich hatten sie alle ihren Auftritt. Sie sangen „We are the world“ von Michael Jackson, die letzte Zeile allerdings umgedichtet: „Wir sind aus Seeshaupt, wir benutzen Fairtrade“. In zwei Jahren überprüft der Verein, ob das immer noch stimmt und ob Seeshaupt den Titel weiter führen darf.
Quelle: Süddeutsche Zeitung, Montag, den 24. Oktober 2016, Seite 7, Kia Ahrndsen, Seeshaupt